Vorsicht, Läuferknie – lieber langsam starten
Für viele Menschen ist es der beste Sport der Welt: Joggen. Gerade nach dem Winter in der frischen Frühlingsluft sind die Laufsportler mit besonderer Begeisterung dabei. Aber für einige von ihnen ist schon nach den ersten Runden wieder Schluss: Starke Schmerzen im Kniegelenk zwingen sie zum Aufhören. Was ist passiert? Sie haben wahrscheinlich ein Läuferknie!
Ich erlebe es jedes Frühjahr wieder: Dann kommen vermehrt Sportler aus Sportarten mit viel Laufbewegung oder reine Jogger in meine Sprechstunde, die über heftige Schmerzen an einer Knie-Außenseite klagen. In seltenen Fällen sind beide Gelenke betroffen. Manche von ihnen humpeln sogar, weil die Beschwerden derart heftig sind. Die Diagnose ist meist schnell gestellt: Sie haben ein Läuferknie, so benannt, weil es bevorzugt bei Joggern auftritt. Typische Symptomatik: Stechende Schmerzen, die etwa 10 bis 15 Minuten nach Laufstart an einer Gelenk-Außenseite auftreten.
Dahinter verbirgt sich eine Art Sehnenentzündung. Genauer: Das Iliotibial-Band ist an seinem unteren Ansatzpunkt angegriffen. Dieser starke Faserzug beginnt unterhalb des Knies an der Außenseite des Schienbeins und verläuft von dort über den Oberschenkel bis hinauf zur Hüfte. Normalerweise gleitet das Band bei jedem Schritt, jedem Beugen und Strecken des Beines problemlos über den äußeren Gelenkvorsprung des Oberschenkelknochens. Doch bei manchen Patienten führt eine Dauerbelastung wie Joggen oder auch eine längere Fahrradtour zu einer schmerzhaften Reizung des Muskelansatzes am Schienbein. Fachausdruck: Iliotibiales Bandsyndrom (ITBS) oder Tractussyndrom.
Gefährdet sind Beginner und anspruchsvolle Sportler
Die Hauptursache ist meist eine Überbelastung. Gerade im Frühjahr fangen viele Menschen ohne große Vorbereitung wieder an zu Laufen, andere versuchen sich erstmalig mit Joggen fit zu halten. Und manch geübter Läufer, der bereits schon im Winter regelmäßig seine Runden gedreht hat, intensiviert plötzlich sein Training, um sich etwa auf einen Marathon vorzubereiten oder einfach die eigene Kondition zu verbessern. Wenn der Sehnenansatz am Knie nicht darauf vorbereitet ist, kann ihn das arg verärgern. Aber auch bestimmte Dysbalancen der Rumpfstatik, der Hüftmuskulatur oder der Beinachse begünstigen das unangenehme Scheuersyndrom, weil sie die Zugkraft des Tractus iliotibialis erhöhen. Oft sorgt eine Kombination aus verschiedenen Umständen für die Beschwerden.
Wichtigste SOS-Maßnahme beim akuten Schmerzen an der Knie-Außenseite: Die Sportaktivität sofort beenden. Und das Gelenk schonen. Kühlen erscheint zwar angenehm, ist aber eher ungünstig, weil es die Durchblutung mindert und damit den Heilungsprozess verlangsamt. Fällt sogar normales Gehen schwer, kann ein entzündungshemmendes Schmerzmittel Erleichterung bringen.
Treten die Beschwerden häufiger auf, sollte man sie unbedingt vom Orthopäden abklären lassen. Sonst können sie chronisch werden. Zudem können auch andere Gelenkprobleme dahinterstecken. Meist reicht ihm ein gezielter Druck auf das Iliotibial-Band als Untersuchung, um Gewissheit für seine Diagnose zu haben – denn der Patient reagiert sofort darauf. Die gute Nachricht lautet dann: Ein Läuferknie ist harmlos. Nichts ist kaputt. Allerdings: Zur Heilung muss eine vier- bis sechswöchige Pause eingelegt werden. Die braucht es, damit die Entzündung ganz abklingen kann. Ein zu früher Sportstart wird sofort mit einem erneuten Aufflammen des Schmerzsyndroms bestraft. Und die notwendige Schonungsauszeit beginnt wieder ∑„bei“ null. Bei sehr akuten Fällen sollte während der Pause eine Physiotherapie durchgeführt werden.
Einlagen können helfen
Der behandelnde Orthopäde prüft dazu, wodurch das Läuferknie entstanden ist. Liegt es an anatomischen Störungen, helfen in vielen Fällen Einlagen in Sport- und Alltagsschuhen, die Harmonie der körperlichen Statik wiederherzustellen. Die Basis für gesundes und beschwerdefreies Joggen sind dabei natürlich immer auch gute Laufschuhe.
Grundsätzlich rate ich allen, die gerne Joggen, ihr Lauftraining langsam zu starten und bedachtsam zu steigern. Denn Gelenke, Bänder und Sehnen müssen sich immer erst an neue Belastungen gewöhnen. Auch eine Kräftigung der Rumpf- und besonders der Hüftmuskulatur beugt langfristig einem Tractussyndrom vor. Entsprechende Übungen kann man beim Physiotherapeuten lernen und später zu Hause oder im Fitnessstudio alleine trainieren. Daneben ist ebenso eine Dehnung der Muskulatur an der Oberschenkelaußenseite sinnvoll, um den Druck auf den neuralgischen Kniebereich zu senken. Viel Spaß beim Laufen!
Zurück