Arthrose: die wichtigsten konservativen Therapien

„Sie haben Arthrose in Ihren Knien“ ist im ersten Moment natürlich nicht angenehm. In meiner Praxis gibt es jeden Tag mindestens einen Patienten, dem ich sie schonend beibringen muss. Bei den Betroffenen ist der Schreck dann meist groß, vor allem wenn sie noch keine 50 Jahre alt sind. Sie fragen: „Wie kann das sein?“ Tatsächlich ist niemand gefeit gegen die weltweit häufigste Gelenkerkrankung, die beim Knie fachlich Gonarthrose heißt. Die gute Nachricht aber ist: Heutzutage gibt es eine Vielzahl an konservativen Maßnahmen, mit denen sich der Gelenkverschleiß in den Knien effektiv bremsen lässt: Sie lindern dazu Schmerzen und helfen, die Beweglichkeit zu erhalten. Ganz wichtig dabei: Jeder kann dabei selbst viel für seine Kniegesundheit tun! Bleiben Sie motiviert!

Die Knie sind ein Gebrauchsgegenstand: Wie beim Auto die Stoßdämpfer, nutzen sich irgendwann auch unsere Gelenkknorpel ab. Ist die schützende, alle Belastungen abpuffernde Gewebeschicht auf den Knochenköpfen in höherem Maß abgerieben, sodass schlimmstenfalls sogar schon Knochen auf Knochen reibt, treten meist starke Symptome auf: Anlaufschmerzen und Steifigkeitsgefühle in den Knien. Die Ursachen und verschiedenen Stadien des Gelenkverschleißes habe ich in meinem Blog „Arthrose: Bei den ersten Anzeichen zum Arzt“ (Link) beschrieben.

Arthrose entsteht durch fortschreitenden Degeneration des Gelenkknorpels, bis er schließlich zerstört ist und Knochen auf Knochen reibt. Zu den Hauptursachen gehören genetische Veranlagung, Altersverschleiß, Fehlstellung der Beine, Überlastung, Übergewicht oder auch Verletzungen.

Die Erkrankung kann man zwar nicht verhindern und auch nicht ursächlich behandeln, weil die Knorpeldegeneration nicht reversibel ist. Aber jeder hat es in hohem Maß selbst in der Hand, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Denn mit einigen unkomplizierten Maßnahmen oder einer Umstellung im Lebensstil lässt sich trotz Gonathrose noch lange ein angenehmer und aktiver Alltag genießen. Dazu möchte ich Sie ermutigen. Selbst bei einem Knorpelschaden im letzten Stadium (Grad 4), muss man nicht in Panik geraten und sich sofort auf dem OP-Tisch für ein künstliches Kniegelenk sehen. Diese Möglichkeit steht erst ganz am Ende aller Maßnahmen, wenn die nicht mehr ausreichen.

Am wichtigsten ist grundsätzlich: Bleiben Sie in Bewegung! Denn dabei wird Gelenkflüssigkeit produziert, die den Knorpel mit Nährstoffen „füttert“ und für die Gleitfähigkeit der Gelenkknochen sorgt. Mehr dazu in meinem Blogthema „Mit Schwimmen & Co. halten Sie Ihre Knie lange fit“ (Link). Natürlich sollten Sie Ihre Knie dabei nicht überbeanspruchen: Empfehlenswert sind etwa moderate Aktivitäten wie Walken und Radfahren in niedrigen Gängen. 

Studien belegen: Physiotherapie mildert Beschwerden

Hier die wichtigsten Maßnahmen, die den Verlauf einer Gonarthrose aufhalten können und Beschwerden effektiv lindern – für eine weiterhin hohe Lebensqualität. Entscheidend dabei ist: Sie sollten so früh wie möglich eingesetzt werden. Meist bringt eine Kombination aus mehreren Behandlungsoptionen den größten Erfolg.

Physiotherapie Ist der wichtigste Bestandteil der Arthrose-Behandlungen. Ihre Wirksamkeit ist auch durch zahlreiche, internationale Studien belegt. Darum wird sie von allen Krankenkassen, privat und gesetzlich, bei Gonarthrose übernommen. Drei Ziele stehen im Vordergrund:
• Aktive Verbesserung, beziehungsweise Erhalt der Beweglichkeit Um Schmerzen zu vermeiden, beugen und strecken viele Patienten ihre Knie nicht mehr voll. Doch diese Schonhaltung verstärkt die Beschwerden der Gonarthrose auf Dauer und führt zu einer nachhaltigen Bewegungseinschränkung. Physiotherapie mobilisiert die Gelenke und erhält so deren Funktionalität.
• Kräftigung der Muskulatur Eine starke Muskulatur des Oberschenkels und rund ums Knie fängt den Druck auf die Gelenke ab und entlastet sie auf diese Weise. Studien haben gezeigt: Der Oberschenkelstrecker sollte am besten dreimal pro Woche trainiert werden.
• Abbau von Schwellungen Sind die Knie aufgrund einer inneren Reizung, hervorgerufen durch das Aneinanderreiben der Gelenkknochen, geschwollen, kann eine manuelle Therapie oder sogar eine Lymphdrainage helfen. Sie bringt den Erguss zum Abfließen und kurbelt den Abtransport von Entzündungszellen an. 

Einlagen oder Spezialschuhe X- und O-Beine gehören zu den Hauptauslösern von Arthrose, weil sie zu einer falschen Abnutzung des Knorpels führen. Spezielle Einlagen in den Schuhen oder Schuhe mit speziell gefertigter Sohle korrigieren die Beinachsen: So wird der Belastungsdruck wieder zentral auf die Kniegelenke geleitet. Vorteil von Einlagen: Der Aufwand der Herstellung ist weit geringer, zudem sind sie unkompliziert für mehrere Schuhe verwendbar.

Tabletten gegen Schmerzen Verbreitet und meist sehr effektiv bei Arthroseschmerzen sind Medikamente zum Einnehmen aus der Gruppe der sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Das bedeutet, dass sie kein Kortison enthalten. Zu den klassischen Wirkstoffen zählen etwa Ibuprofen oder Diclofenac. Sie sollten jedoch nur nach Ausschluss von Vorerkrankungen und Unverträglichkeiten zur Linderung akuter Beschwerden über einen möglichst kurzen Zeitraum eingesetzt werden. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, wie Sie verfahren sollen. 

Entzündungshemmende Injektionen Sie bringen vielen Patienten mit Knie-Arthrose effektive Erleichterung, lindern Schmerzen und ermöglichen häufig noch lange einen normalen Alltag. Das Knie hat den Vorteil, dass es unkompliziert mit Spritzen behandelt werden kann. Der Einsatz bei Hüftarthrose etwa muss unter Röntgenkontrolle geschehen. Mögliches Risiko: Bei einer Knie-Injektion kann es zu einer Infektion kommen. Heutzutage achten wir Ärzte verstärkt auf eine sterile Verabreichung, so ist die Gefahr auf ein Minimum gesenkt. Die am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen sind:
• Cortison Wird klassisch bei starken Schmerzen eingesetzt, insbesondere wenn etwa ein Urlaub überbrückt werden muss. Erhöht nicht die Gleitfähigkeit im Gelenk. Seine Bedeutung in der Arthrosetherapie ist rückläufig.
• Hyaloron Die Substanz ist eine körpereigene Substanz und unter anderem natürlicher Bestandteil der „schmierenden“ Gelenkflüssigkeit. Hyaloron-Injektionen sorgen dafür, dass die angegriffenen rauen Knorpelflächen wieder geschmeidiger gegeneinander gleiten und verhindern dadurch akute Gelenkentzündungen. Verschiedene Studien zeigen eine messbare Linderung von Arthroseschmerzen. Die Spritzen sind keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.
• ACP – Autologes Conditioniertes Plasma Die Therapie mit Eigenblut wirkt entzündungshemmend und verbessert die Gleiteigenschaften im Knie. Infolgedessen entstehen weniger neue Reizzustände: Das mindert auch die Schmerzen. Mittlerweile belegen zahlreiche Studien eine gute Wirksamkeit gerade bei leichten und mittleren Gonarthrose-Stadien. ACP ist schon länger ein wichtiges Element in der Behandlung von Gelenkproblemen bei Profisportlern und „normalen“ Patienten. Das körpereigene Blutplasma wird ebenso erfolgreich bei Sportverletzungen von Sehnen, Muskeln und Bändern angewendet. Ein großer Vorteil des ACP liegt darin, dass es ohne Zusatzstoffe in das Gelenk verabreicht wird und die Wirkung rein durch Freisetzung der körpereigenen Wachstumshormone entsteht. Die Behandlung wird bisher nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen.

Darüber hinaus werden oftmals auch homöopathische Medikamente gespritzt, etwa das Präparat Traumeel, in dem Wirksubstanzen verschiedener Pflanzen stecken. 

Übergewicht abbauen Wissenschaftler haben herausgefunden: Schon 5 Kilo Übergewicht erhöhen das Arthrose-Risiko um 100 Prozent. Denn das Gelenk ist einer solchen permanenten Überbelastung nicht gewachsen: Ein verstärkter Knorpelabbau ist die Folge. Entsprechend bedeutsam ist der Abbau von überflüssigen Pfunden in der Behandlung von Arthrose-Symptomen: So kann jeder sein Knie enorm entlasten – auch zur Vorbeugung von Knieproblemen. 

Gesunde Ernährung Eine entscheidende Rolle bei der Linderung von Arthrose ist ebenso ein ausgewogener Speiseplan. Auch hier haben Studien offenbart: Mit den richtigen Lebensmitteln – vor allem viel Gemüse und Obst, wenig Fleisch, aber regelmäßig Fisch sowie beispielsweise bestimmten Gewürzen, etwa Kurkuma, Chili und Zimt – lässt sich der Entzündungsprozess im Gelenk positiv beeinflussen. Lesen Sie dazu auch die Blogthemen „Gute Ernährung hält die Gelenke fit“ (Link) sowie „In jedem Alter wichtig: Vitalstoffe für die Knie“ (Link). Weiterer Vorteil: Eine genussvolle, aber bewusste Ernährung tut auch der Figur gut, schützt vor zu vielen Kilos.

Arthroskopie bei Arthrose: Nur bei Meniskusschaden 

In einem der nächsten Blogs werde ich über die operativen Möglichkeiten bei einer Arthrose berichten. Eine Arthroskopie (mehr Infos hier im Blog) gehört übrigens mittlerweile nicht mehr dazu: Es hat sich gezeigt, dass dadurch keine signifikante Besserung erreicht werden kann. Der Eingriff wird auch seit 2017 nicht mehr von den Krankenkassen unterstützt. Einzige Ausnahme: Hat die Arthrose zu freien Gelenkkörpern, das sind frei bewegliche Teilchen im Gelenk, etwa von Knochen oder Knorpeln, geführt oder einem teilweise eingeklemmten Meniskus, wird der Meniskus arthroskopiert, also minimalinvasiv behandelt.

Zurück